Klassiker

ULRICH BERGMANN: Warum ich Schiller liebe.

Wenn der Idealismus Schillers die Herzen der Wähler beseelte – wir hätten heute eine andere, eine bessere Politik! Schillers Humanismus und eine moderne Kapitalismus-Kritik ist genau das, was wir brauchen, um besser und würdiger zu leben als in der Armut eines sehr fragwürdigen und ohnehin nur sehr partiellen Wohlstands. Unser Streben nach Wahrheit, nach geistiger und politischer Aufklärung oder sozialer Gerechtigkeit kann sich in der Enge des spanischen Staats zur Zeit Philipps II. im 16. Jahrhundert nicht entfalten. Die Elite des Landes – der Hofadel – ist durch ein starres Regime verurteilt zu einem Leben als Hofschranzen und Marionetten, zumal die Herrschaft, die im absolutistischen Erbmonarchen gipfelt, sich der Geheimpolizei, der politischen und kirchlichen Inquisition und einer Hofmoral bedient, die jede Ecke des privaten Lebens moralisch reglementiert. Im Bündnis mit der katholischen Kirche, die keine Inquisition scheut, wird am Ende fraglich, wer der eigentliche Herrscher ist – der weltliche König oder der geistliche Großinquisitor, doch sind beide nur die zwei Seiten derselben Münze, in der den Untertanen heimgezahlt wird.

Das ist heute im Kern nicht viel anders als damals… (…)

Matthias Hagedorn: Oden die Zukunftsseelen

Unzählige Biographen haben versucht, dem Mythos Sisi auf die Spur zu kommen, dabei ist die Lösung einfacher, als die Lösung einer Gleichung ersten Grades: In ihren Gedichten spricht sie sich ganz unverblümt aus. Elisabeths Gedichte aus den achtziger Jahren sind eine einzige große Hymne an den schwärmerisch verehrten „Meister“ Heinrich Heine. Diese Verehrung ging über die übliche Liebe eines Literaturfreundes weit hinaus. Sie kannte lange Passagen von Heine auswendig und beschäftigte sich auch intensiv mit dem Leben des Dichters. Mit dem 1856 in Paris gestorbenen Heinrich Heine glaubte sie sich eng verbunden, fühlte sich als seine Jüngerin und glaubte, der Meister diktiere ihr die Verse in die Feder. Ihre Dichtungen aus den achtziger Jahren bestimmte sie ( anders als ihre Jugendgedichte ) zur Veröffentlichung. Als Drucktermin stellte sie sich das Jahr 1950 vor, also eine Zeit, wo niemand ihrer Zeitgenossen mehr lebendig war; wenigstens in der Nachwelt wollte Elisabeth erreichen, was die Zeitgenossen ihr verweigerten: Rechtfertigung, Verständnis, Nachruhm. [ …]In einem Hör-Spiel wird sie durch die Worte und Klänge wieder lebendig.*

Matthias Hagedorn